Eine „agile Organisation“ wird nicht nur in Familien­unternehmen häufig als Ziel für neue Change Initiativen ausgerufen. In der Folge werden Mitarbeiter aus der Produkt­entwicklung und aus den Fach­bereichen auf Seminare und Scrum Schulungen geschickt und dürfen sich fortan Scrum Master oder Product Owner nennen. Führungs­kräften wird in Agile Leader­ship Eintägern beigebracht, dass ihr Job zukünftig nur noch daraus besteht, Millenials zufrieden zu stellen und sich ihren Mitar­beitern gegen­über in einer coachenden Grund­haltung zu üben. Die Erwartungen der Führungs­kräfte an diese neue, agile Welt sind ent­sprechend hoch, lautet doch nicht zuletzt das Wert­versprechen agiler Arbeits­methoden, die doppelte Menge an Arbeit in der Hälfte der Zeit zu erledigen (Jeff Sutherland. Scrum. The art of doing twice the work in half the time. Penguin Books, New York, 2014). Und auch für die betroffenen Mit­arbeiter lesen sich einige Prinzipien, wie Selbst­organisation und die Abkehr von starr ein­zuhaltenden Entwicklungs­plänen, zunächst viel­versprechend. In den aller­meisten Fällen lässt die Ent­täuschung jedoch nicht allzu lange auf sich warten.

Karl Bredemeyer ist Unter­nehmens­berater/System­ischer Agile Coach und geschäfts­führender Gesell­schafter der Netzwerkknoten Unternehmensberatung GmbH in Berlin mit dem Schwerpunkt agile Trans­formationen und Digitalisierungs­initiativen. Hierbei begleitet er sowohl die Konzeption von Trans­formations­strategien als auch deren Umsetzung. Er beobachtet seit vielen Jahren, dass für gescheiterte Trans­formationen die falschen Gründe angebracht werden und glaubt, dass Familien­unternehmen die Chance haben, agile Veränderungs­prozesse von vorn­herein anders anzugehen.